“Ungarns verblichener Glanz – Mit Peter Esterházy auf den Spuren seiner Ahnen“
Dem ungarischen Schriftsteller Peter Esterházy wird am 10. Oktober während der Frankfurter Buchmesse in der Paulskirche der Friedenspreis des deutschen Buchhandels verliehen. Die Jury ehrt den 53-jährigen Autor dafür, dass er „als eine weithin vernehmbare Stimme der Nachgeborenen die Zerstörung des Menschen durch Terror und Gewalt und seine Wiederauferstehung in Trauer und Ironie gestaltet hat. (…) So hat der Jüngste der ‚Joyceianer’ nicht nur seine Heimat in der Mitte Europas, sondern Europa in der Mitte der Literatur neu situiert.“
Peter Esterházys Hauptwerk „Harmonia Caelestis“ stand nach seinem Erscheinen 2000 monatelang auf der ungarischen Bestsellerliste - und das, obwohl der 900 Seiten starke Roman keine chronologische Familiengeschichte der Esterházys ist, sondern ein literarisch hochartifizielles Puzzle. Der Autor greift Geschichten, Legenden und Episoden aus der Geschichte der Estaházys – einem der bedeutendsten europäischen Adelsgeschlechter – heraus, um so seine Sicht der Familiengeschichte zu zeigen. Der Roman wurde in viele Sprachen übersetzt und mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Peter Esterházys Familie, die zu den ältesten der ungarischen Aristokratie gehört, wurde von den Kommunisten enteignet und als Volksfeind in ein abgelegenes Dorf verbannt. 1957 durfte sie wieder nach Budapest zurückkehren. Peter Esterházy studierte Mathematik, wurde bald aber freier Schriftsteller und zählt heute zu den großen europäischen Autoren.
Zehn Jahre schrieb er an dem opus magnum „Harmonia Caelestis“. Als er damit fertig war, ging er zum ungarischen Amt für Geschichte, um seine Akten aus der kommunistischen Ära einzusehen. Da erfuhr er, dass sein Vater 23 Jahre für den Geheimdienst als Agent gearbeitet hatte. In dem Buch „Verbesserte Ausgabe“ zitiert er aus den Berichten seines Vaters, konfrontiert sie mit Ausschnitten aus der „Harmonia Caelestis“ und gibt seine Empfindungen und Gedanken in Form von Tagebuchaufzeichnungen wieder: Trauerarbeit.
In dem Film „Ungarns verblichener Glanz“ von Klaus Ickert begleiten wir Peter Esterházy zu den Schauplätzen seines Romans „Harmonia Caelestis“, wo er uns Auskunft über sein Leben und Schreiben gibt. Und zum ersten Mal spricht Peter Esterházy detailliert über seinen Vater und dessen Verstrickungen.